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Torquato Tasso und die bildenden Künste

Mit seinen Hauptwerken, der Aminta und der Gerusalemme Liberata, verbindet Tasso den Anspruch, die großen antiken Gattungen der Hirtendichtung und des Epos zu erneuern und in die Moderne zu übertragen. Die dichte Folge von Editionen und die umgehende Übersetzung in fast alle europäischen Kultursprachen bezeugen eindrucksvoll den universalen Ruhm und die bis heute andauernde Rezeption des großen Renaissancedichters. Schon zu Lebzeiten setzt auch die bildkünstlerische Auseinandersetzung ein, bereits 1590 erscheint die erste illustrierte Ausgabe der Gerusalemme Liberata mit den berühmten Darstellungen von Bernardo Castello. Die Verse Tassos werden von nun an häufig im Spiegel der Illustrationen von Castello, Antonio Tempesta, Giambattista Piazzetta oder Charles-Nicolas Cochin gelesen. Vor allem in der Akademie der Carracci werden Szenen aus der Gerusalemme Liberata nicht nur zu einem bevorzugten Sujet, sondern zugleich Tassos Discorsi dell’arte poetica (später erweitert in den Discorsi del poema eroico) zu einer Folie für Theorie und Praxis des Historienbildes, wie sie später Nicolas Poussin in seinen von Giovan Pietro Bellori überlieferten theoretischen Maximen ausdrücklich formulieren sollte. Mehr als die militärischen Ereignisse des Kreuzzuges sind es die dem Epos eingewobenen tragischen Liebesgeschichten von Rinaldo und Armida, Tancredi und Clorinda, Olindo und Sofronia, die die Künstler und ihr Publikum bewegen. Als wichtige Zentren der bildkünstlerischen Auseinandersetzung treten im 17. und 18. Jahrhundert Venedig, Genua, Ferrara, Bologna, Florenz und Rom, aber auch Neapel und Süditalien hervor, wo der in Sorrent geborene Dichter als „Tasso nostro“ reklamiert und sogar in neapolitanischen Dialekt übertragen wird. In Villen und Palästen entstehen ganze Tassozyklen, von Bernardo Castellos Fresken der Villa Imperiali Scassi in Sampierdarena und den monumentalen Leinwandbildern von Paolo Finoglio im Castello Acquaviva in Conversano bis zu den Tassozimmern von Giovanni Battista Tiepolo in der Villa Valmarana und von Friedrich Overbeck im Casino Massimo in Rom. Im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert sollte dann immer stärker die Person Tassos in den Vordergrund treten, seine unerfüllte Liebe zu Eleonora d’Este, sein Aufenthalt im Ospedale di Sant’Anna, sein tragischer Tod am Vorabend der Dichterkrönung auf dem Kapitol. Tasso wird zur Projektionsfläche des melancholischen, in und an der Welt leidenden, zwischen Genie und Wahnsinn wandelnden modernen Künstlers, bei Goethe genauso wie bei Delacroix. Ziel der Tagung ist es, ein Forum für den Dialog zwischen Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte zu eröffnen und gemeinsam Leben und Werk Tassos als Ausstrahlungsphänomen der europäischen Kulturgeschichte auszuloten und theoretisch zu reflektieren.

  • Organisiert von: Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien